Kurt Eisner
Kulturstiftung
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Ausschreibung Kunstförderpreis 2008

„Der Künstler muss als Künstler Anarchist sein.“
(Kurt Eisner)

Am 7. November 1918 proklamierte Kurt Eisner in München den „Freistaat“ Bayern. Damit waren der Erste Weltkrieg und das monarchistische Herrschaftssystem beendet. Erstmals begann in Deutschland ein demokratisches Experiment, das auf Frieden, sozialer Gerechtigkeit, den Menschenrechten und der Souveränität des Volkes beruhte. Der größte Teil der Bevölkerung begrüßte diesen gesellschaftlichen Neuanfang. Viele Künstler, Schriftsteller und Philosophen beteiligten sich an dieser neuen Entwicklung, darunter Paul Klee, Hans Richter, Rainer Maria Rilke, Heinrich Mann, Oskar Maria Graf, Erich Mühsam, Ernst Toller, Gustav Landauer. Der freiheitliche Dialog und die Integration von Kunst und Politik in die gesellschaftliche Öffentlichkeit waren das Ziel der Künstler und des Rats geistiger Arbeiter. Ein halbes Jahr später war das demokratische Experiment von militaristischen und nationalistischen Verbänden erstickt, Kurt Eisner erschossen (21. Februar 1919), Gustav Landauer erschlagen (2. Mai 1919) und etwa 800 Menschen ermordet. Dies war die Vorstufe für das verbrecherische System der Nationalsozialisten, das den Weltbrand des Zweiten Weltkriegs und den Mord an Millionen Menschen anstiftete und organisierte. Die Nachwirkungen dauern bis heute an. Das notwendige historische Bewusstsein ist gering.

1988 gründeten Wolfram Kastner und Gerhard Koitschew zusammen mit 19 weiteren Künstlerinnen und Künstlern die Kurt Eisner Kulturstiftung mit dem Ziel, die freiheitlichen und demokratischen Werte der ersten Demokratie in Deutschland aktiv in Erinnerung zu halten und für die Zukunft zu wahren. Seither fördert die Kurt Eisner Kulturstiftung Kunst, die sich öffentlich einmischt und politisch artikuliert.

2008 schreibt die Kurt Eisner Kulturstiftung erneut einen Förderpreis zur Realisierung einer künstlerischen Arbeit aus. Die Ausschreibung nimmt den 90. Jahrestag der Proklama­tion zum Anlass und fördert künstlerische Arbeiten und Projektvorschläge, die im Sinne der Freiheitsideale Kurt Eisners sowie des Rats geistiger Arbeiter Stellung beziehen und die aktuelle Relevanz der in der Rätezeit thematisierten Fragestellungen – soziale Gerechtigkeit, Pazifismus, Antimilitarismus, die Förderung des öffentlichen Dialogs zwischen Politikern und Künstlern als Grundlage einer freiheitlichen und friedlichen Gesellschaftspolitik – reflektieren. Dabei kann es sich sowohl um eine spezifische Auseinandersetzung mit einzelnen Aspekten als auch um eine gesamtgesellschaftliche Problematisierung handeln. Die erbetenen Projektvorschläge sollen das Thema untersuchen, sichtbar machen und sich über den kleinen Kreis eines kunstinteressierten Publikums hinaus an die Öffentlichkeit wenden. Die vorgeschlagenen Werke können sowohl im öffentlichen als auch im institutionellen Raum angesiedelt sein.

Richtlinien:

Zugelassen sind alle künstlerischen Techniken bildender Kunst und visueller Kommunikation, Fotografie, Performance, Installation, Konzeptkunst oder Video. Professionell arbeitende Künstler und Künstlerinnen sind international eingeladen, Projektvorschläge zum Thema einzureichen. Die Realisierung ist zum Jahrestag der Proklamation im November 2008 vorgesehen.

Es steht ein Förderbetrag von insgesamt EUR 8.000 zur Verfügung. Die Realisierung mindestens eines Projekts wird gefördert. Die Auswahl trifft das Kuratorium der Kurt Eisner Kulturstiftung.

Erforderliche Unterlagen:

• Persönliche Angaben (Name, Wohnort, Telefon/Fax, E-Mail)

• Kurzbiografie

• Projektbeschreibung: max. 1 Seite Text + 3 Abbildungen

• Kostenkalkulation

• Realisierungszeitplan

Alle Unterlagen müssen im Format DIN A4 eingereicht werden. Keine Originale. Keine CDs, DVDs oder andere Datenträger. Keine Bewerbung per E-Mail. Eine Rücksendung der Unterlagen erfolgt nicht. Bewerbungen, die dieser Form nicht entsprechen, können nicht berücksichtigt werden.

Bewerbungsschluss:

Samstag, 24. Mai 2008 (Poststempel)

Die Entscheidung des Kuratoriums wird Ende Juni/Anfang Juli 2008 auf der Website der Kulturstiftung (www.kurt-eisner-kulturstiftung.de) bekannt gegeben. Persönlich benachrichtigt werden ausschließlich die Förderpreisträger/innen. Wir bitten um Verständnis.

Bitte senden Sie Ihre Bewerbung an:

Kurt Eisner Kulturstiftung

c/o RA Michael Sack

Schwanthalerstr. 12

80336 München | Munich, Germany

Literatur zum Thema (Auswahl):

- Appelle einer Revolution, Dokumente aus Bayern zum Jahr 1918/1919, zusammengestellt und eingeführt von Karl Ludwig Ay, München: Süddeutscher Verlag, 1968.

- Tankred Dorst, Die Münchner Räterepublik, Frankfurt/Main: Edition Suhrkamp, 1966.

- Freya Eisner, Kurt Eisner – Die Politik des libertären Sozialismus, Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1979.

- Kurt Eisner, „Die Stellung der revolutionären Regierung zur Kunst und zu den Künstlern“ in: Kurt Eisner, Sozialismus als Aktion, Aufsätze und Reden, Frankfurt/Main: Suhrkamp, 1973.

- Leonhard M. Fiedler/Renate Heuer/Annemarie Taeger-Altenhofer (Hg.), Gustav Landauer (1870–1919). Eine Bestandsaufnahme zur Rezeption seines Werkes, Frankfurt/Main und New York: Campus Verlag, 1995.

- Günther Gerstenberg (Hg.), Erich Mühsam – Wir geben nicht auf, München: Buch & Media/Allitera Verlag, 2002.

- Bernhard Grau, Kurt Eisner – eine Biografie, München: C. H. Beck Verlag, 2001.

- Emil Julius Gumbel, Vier Jahre Politischer Mord, Berlin: Verlag der neuen Gesellschaft, 1922.

- Herbert Kapfer/Carl-Ludwig Reichert (Hg.), Umsturz in München. Schriftsteller erzählen die Räterepublik, München: Weismann, 1988.

- Gustav Landauer, „Vom Wahn und vom Staat“, in: Sozialist (1910).

- Erich Mühsam, Unpolitische Erinnerungen, Hamburg: Edition Nautilus, 2000.

- Ernst Toller, Eine Jugend in Deutschland (1933), Reinbek: Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1963.



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